Den ganzen September hat eine Gemeindepraktikantin in unserer Kirchengemeinde hospitiert. Warum sie hier ist und was sie hier gemacht hat, verrät sie im Interview.

Wer bist du?

Ich bin Lilli Wellershaus und studiere seit drei Jahren evangelische Theologie in Kiel.

Warum möchtest du Pastorin werden?

Ich möchte Pastorin werden, weil ich es sehr spannend finde, mit ganz verschiedenen Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen über ihren Glauben zu sprechen und zu hören, was Christ oder Christin sein für sie zu bedeuten hat. Außerdem finde ich es so schön, dass man Menschen durch verschiedene Lebensphasen begleiten darf, von Taufe und Konfirmation über eine eventuelle Trauung bis hin zur Beerdigung aber auch an Einschulungsgottesdiensten o. Ä. spiegelt sich das ja schon an unseren Kasualien wieder.

Warum ausgerechnet Viöl?

Mein Gemeindepraktikum, dass ich in Viöl absolviert habe ist ein Pflichtpraktikum. Man meldet sich dafür bei der Nordkirche und der Uni an und bekommt dann von der Kirche einen Fragebogen zugesandt. Dort trägt man dann ein, was einem für das Praktikum wichtig ist- die Kirche bemüht sich sehr für uns Studentinnen und Studenten eine schöne und zu uns passende Praktikumsgemeinde zu finden. Ich hatte angegeben, dass ich, weil ich aus Hamburg komme, gern ein Praktikum in einer ländlichen Gemeinde absolvieren würde, die einen Schwerpunkt auf Kinder-/ Jugendarbeit setzt. Und ich habe mir eine Frau als Anleiterin gewünscht, weil ich in meiner Heimatgemeinde bis jetzt „nur“ mit männliche Pastoren zutun hatte. Nachdem ich das alles bei der Nordkirche eingereicht hatte, habe ich drei Gemeinden vorgeschlagen bekommen zwischen denen ich mich entscheiden durfte. Schnell war meine Wahl dann auf Viöl gefallen. Nordfriesland kannte ich bis dahin nur durch Sommerurlaube – fand es aber so schön, dass ich gern mehr davon kennenlernen wollte und so hat es mich hierher nach Viöl verschlagen.

Wie sieht dein Alltag hier bei uns aus?

Also so einen richtigen Alltag habe ich hier gar nicht. Ich finde, dass wirklich jeder Tag in meinen dreieinhalb Wochen hier anders aussah. Das finde ich an dem Beruf auch so schön. Von Besuchen in den drei Kindergärten, bei Essen in Gemeinschaft und bei den Pfadfindern über Beerdigungen, Taufe und Trauung hin zu verschiedenen Gremiensitzungen und sogar der Landessynode durfte ich alles miterleben und Pastorin Weide bei allem begleiten. Was vielleicht fast zu einem alltäglichen Element geworden ist, ist das nachmittägliche Kaffee- bzw. Teetrinken bei Pastorin Weide, bei dem der bis dahin verlebte Tag noch ein bisschen reflektiert wurde und ich die Zeit hatte, alle neu gewonnenen Eindrücke etwas sacken zu lassen.

Was war dein Highlight?

Nur eins? Ich hatte so viele schöne Momente hier! Ich muss sagen, dass ich vor allem den Workshop für die „Junge Predigtreihe“ ganz toll fand. Jugendliche aus Nordfriesland wurden, nachdem sie ein paar Impulse und Tipps an die Hand bekommen haben, dabei unterstützt eine eigene Predigt zu schreiben. Die halten sie unter anderem Anfang November dann auch in Viöl. Was ich hier aber noch erwähnen muss ist, dass ich die Offenherzigkeit der Menschen hier als echtes Highlight ansehe und sehr dankbar dafür bin. Diese Offenherzigkeit reichte von der spontanen Mitfahrgelegenheit zum Pfadfinderlager bis hin zu den ganzen Menschen, die mir erlaubt haben, bei den Beerdigungsgesprächen ihrer Lieben zuhören zu dürfen.

Was hat dich abgeschreckt oder verwundert?

Abgeschreckt hat mich hier nichts. Etwas verwundert war ich bei dem ersten Gottesdienst den ich hier in Viöl besucht habe, weil ihr die Abkündigungen direkt hinter der Begrüßung und nicht wie sonst oft üblich am Ende haltet. Da hatte ich kurz Panik im Gottesdienst eingeschlafen zu sein ;). Aber auf Nachfrage konnte mir sehr gut erklärt werden warum ihr das so macht und mittlerweile habe ich mich ganz gut daran gewöhnt würde ich sagen. Ansonsten müsste ich meine Plattdeutschkenntnisse noch etwas aufbessern wenn ich länger hierbleiben würde, da bin ich mit meinem Hochdeutsch nämlich manchmal etwas verwundert zurückgeblieben.

Die Kirchengemeinde Viöl in einem Satz:

Die Kirchengemeinde Viöl lebt von ihrem guten Zusammenhalt und -arbeit untereinander und trägt das auch nach außen. Sie macht Lust darauf, an einer Kirche für die Zukunft (mit Pastorenmangel und anderen Herausforderungen) zu arbeiten. Das war jetzt mehr als ein Satz, aber Pastoren und solche die es mal werden wollen sind ja auch dafür bekannt, gern mal etwas zu ausführlich zu sein.

Was nimmst du aus dem Gemeindepraktikum mit?

Ich nehme neben den ganzen praktischen Erkenntnissen, die sich hier gar nicht alle aufzählen ließen, vor allem die Gewissheit mit, dass ich bestärkt mit meinem Studium weitermachen kann und mich umso mehr darauf freue Pastorin zu werden.